Pressestimmen


Gemeinsames Fernweh

Das Trio Heimatflimmern hat der Musikschiene am Theater-Spektakel gleich zum Auftakt eine Sternstunde beschert. Ein Schweizer, ein Deutscher und ein Österreicher besuchen den Nationalpark – da taucht ein Bär auf... Der Einstieg ins Programm der Musikkabarettisten Jürg Kienberger (CH), Josef Brustmann (D) und Klaus Trabitsch (A) ist nicht nur aktuell, sondern vor allem witzig. Denn er wird dargeboten von einem kleinen Mädchen, das mit riesigem Mikrofon an den Bühnenrand tritt und den Witz erzählen möchte, allerdings die Pointe vergessen hat.

Das Publikum lacht trotzdem oder gerade deshalb, und dieses Muster wird sich eine Stunde lang wiederholen. Denn Theatermusiker Kienberger, Kabarettist Brustmann und Musiker Trabitsch schmettern kein klischeebeladenes Schenkelklopferprogramm auf die Bühne, sondern laden gleichsam zum hintersinnigen Folkloreabend mit retardierter Wirkung. Ihre Witze sind schräg, aber klug, ihre Pointen zuweilen verborgen, dafür nachhaltig.

Auf Anregung und Vermittlung des Altdorfer Festivals Alpentöne entstanden, vermag dieses Trio seine explosive Kreativität zu bündeln und in leise Gesten umzusetzen. "Wieviel Heimat brauchen Sie?" fragt der Bündner Kienberger das Publikum gleich zu Beginn. Denn um Heimat geht es an diesem Abend – mehr noch: um die Frage, ob so etwas wie ein alpines Heimatgefühl existiert, das Schweizer, Deutsche und Österreicher gleichermaßen empfinden. Der Eindruck ist klar: die Vertreter dieser drei Nationen könnten unterschiedlicher nicht sein. Dass sie sich dennoch ertragen, liegt an kulturellen Gemeinsamkeiten jenseits von Blut und Boden: den Beatles etwa oder dem Skisport, feschem Wandschmuck wie Gamsgeweihen oder einem kühlen Bier vor einem TV-Gerät.

Am nächsten kommen sich die Alpenbewohner von Isar bis Rhone allerdings, wenn sie von der Ferne träumen. Das Trio Kienberger – Brustmann – Trabitsch ist nach seinem Premierenerfolg erst kürzlich in Altdorf auch vom Zürcher Spektakel-Publikum am Donnerstag frenetisch bejubelt worden. Da haben nicht nur drei witzig-virtuose Multiinstrumentalisten zusammengefunden, sondern drei begnadete Ironiker, die mit einem swingenden Jodellied weit mehr zu sagen vermögen als manch ein Comedian in seinem ganzen Programm.

Frank von Niederhäusern in : Züricher Tagesanzeiger, 20.8.2005